Die Ursachen für Fremdgehen und Bindungsangst

Selbstaufgabe aus Furcht vor Verlust

Fremdgehen: Ursachen in Bindungsangst wurzeln oft in der Kindheit. Die Angst vor Enge oder Verlust prägt oft unbewusst. Verstehen Sie die Ursachen, um aktiv dagegen anzugehen.

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Die Thematik des Fremdgehens löst in den meisten Partnerschaften Ängste, Zweifel und Krisen aus. So schmerzvoll die Erfahrung auch sein mag, wenn der Partner fremdgeht und „anderweitig“ sexuell aktiv wird: Letztlich wird der Weg zu einer Lösung klarer, wenn die Gründe des Fremdgehens in Zusammenhang mit Bindungsängsten deutlich werden. Nur wenn Sie die Ursachen der Bindungsangst verstehen, können Sie auch aktiv dagegen vorgehen.

Die Ursachen für das Fremdgehen in der Partnerschaft

Selbstverständlich gibt es Partnerschaften, in denen sexuelle Kontakte außerhalb der Beziehung von beiden Partnern per Absprache wirklich akzeptiert sind. Problematisch wird es jedoch dann, wenn diese Einigung nicht aus Überzeugung getroffen wurde oder aber gar nicht besteht und das Fremdgehen dennoch stattfindet.

Diese Problematik nun mit simplen Erklärungen wie häufigem Streit oder aber eingeschlafener Sexualität in der Beziehung abzutun, wäre zu oberflächlich. Tatsächlich geht das Fremdgehen regelmäßig mit einer tiefen Bindungsangst einher, die ihre Ursache größtenteils in bereits früher Kindheit findet. Dort erlernte Denk- und Verhaltensmuster, sowie Erfahrungen in Elternhaus und sozialem Umfeld, prägen unsere Selbstwahrnehmung, unser Vertrauen – und auch unsere Ängste. Oftmals äußern sich diese in einer unbewussten Panik vor engeren Bindungen, was letztlich auf Angst vor Einengung oder aber vor Verlust zurückzuführen ist.

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Tiefe Ursachen der Bindungsangst

Grundsätzlich lassen sich die Ursachen für eine tief verwurzelte Bindungsangst durch mehrere Faktoren erklären.

Verlustangst als Ursache für Bindungsstörungen

BindungsangstWer als Kind emotional, körperlich und sozial vernachlässigt wurde, hat Geborgenheit und Nähe zwar stets gesucht, jedoch nie erfahren. Oft geht diese Mangelversorgung auch mit erlebter Kritik und „Liebesentzug“ einher. Zumindest eines der Elternteile hat einen Rückzug als Strafe für kindliche „Vergehen“ genutzt und damit großen Schaden angerichtet. Auch die Trennung oder Scheidung der Eltern kann zu einer bleibenden Verlustangst führen, wenn beide Elternteile damals nicht für emotionale Versorgung nach der Trennung gesorgt haben.

Tief verwurzelte Ängste als Auslöser für Bindungsprobleme

Die Angst, einen geliebten Menschen zu verlieren, oder durch emotionalen Rückzug bestraft zu werden, bleibt tief verwurzelt.
Verlustängste sind nicht zwangsläufig krankhaft – der Wunsch, etwas oder jemanden nicht verlieren zu wollen, ist normal.
Belastend oder gar gefährlich wird die Verlustangst erst dann, wenn es keine tatsächlichen Anhaltspunkte für einen Verlust gibt, oder die Angst so quälend wird, dass ein entspannter Alltag nicht mehr möglich ist.

Dies führt häufig so weit, dass Betroffene beginnen, den Partner in seinen Freiheiten einzuschränken oder ständig bei ihm sein zu wollen – sie beginnen zu „klammern“. Der Partner fühlt sich immer mehr bedrängt oder eingeengt und reagiert meist mit Rückzug. Diese Reaktion fördert wiederum ein verstärktes Klammern des ängstlichen Partners.

Was kann der Ausweg aus diesen Ängsten sein?

Der einzige Ausweg, diesen so gefürchteten Schmerz zu umgehen, scheint in Folge für viele Betroffene das Meide-Verhalten zu sein – wenn ich mich nicht näher binde, kann mich auch niemand wirklich verletzen. Ein Teufelskreis, da der Wunsch und die Sehnsucht nach Nähe und Geborgenheit zwar bleiben, selbst jedoch massiv verhindert wird!

Selbstaufgabe als Folge der Bindungsangst

Die Angst, den Partner zu verlieren, führt bei einigen Menschen zu einer fast vollständigen Selbstaufgabe.
Sie passen ihr gesamtes Verhalten den vermeintlichen Wünschen des Partners an, nehmen eigene Bedürfnisse nicht mehr wahr oder stellen diese in den Hintergrund. Dieser Versuch, den Partner zu halten, scheitert jedoch auf Dauer. Das Selbstwertgefühl des sich stets anpassenden Partners sinkt immer weiter und er verliert leider in den Augen seines Partners an Anziehungskraft oder Respekt.

Wer ist besonders von Bindungsproblemen betroffen?

BindungsängsteZu diesen Verhaltensmustern neigen speziell die Menschen, die in ihrer Kindheit nicht in der Ausbildung ihres Selbstvertrauens und der eigenen Wertschätzung gefördert wurden. Sie fühlen sich ohne den Partner minderwertig, benötigen ihn für emotionalen Halt und Orientierung, und sind sich ihrer eigenen Potenziale nicht bewusst. Den Verlust des Partners definieren sie als persönliches Versagen und den untrüglichen Beweis, nicht liebenswert zu sein.

Die Nähe-Distanz-Störung hat ihre Ursachen in der Kindheit

Nähe-Distanz-Störung – Ein im Elternhaus stattgefundener Wechsel zwischen Vernachlässigung und Überbehütung, hat eine stetige Unsicherheit im Kindesalter bewirkt – die Konstante einer ausgeglichenen emotionalen Versorgung hat gefehlt.
Die Wirkung bleibt und hinterlässt Spuren im Erwachsenenalter, da eine latent vorhandene Störung zwischen Nähe und Distanz verwurzelt ist. Die ständige Zerrissenheit, ein wiederkehrendes Wegstoßen und dann wieder Heranziehen des Partners, wie auch mangelndes Vertrauen in Stabilität, bewirkt eine Gefährdung der Beziehung oder macht diese gar unmöglich.

Angst vor emotionaler Vereinnahmung

Eine in der Kindheit stattgefundene Überfürsorge, ausgeprägte Behütung und fast erzwungene Bindungsenge, löst unbewusst häufig eine Abwehrreaktion aus. Ähnlich, wie bei der Platzangst, befürchten Betroffene, nicht mehr atmen zu können, in eigenen Entscheidungen eingeschränkt zu werden und ihren notwendigen, gesunden Freiraum einzubüßen. Um dies zu vermeiden, halten sie den Partner auf Distanz, der jedoch unter Umständen umso mehr die Nähe sucht. Hierbei entsteht trotz starker Gefühle eine verkrampfte Situation – aus Angst vor Vereinnahmung wird eine Verteidigungsposition gegen den Partner entwickelt, der regelrecht als „Bedrohung“ wahrgenommen wird.

Fremdgehen als Schutz

Die Anziehung zu anderen Personen und das Bedürfnis fremdzugehen, entstehen (unbewusst) durch die Angst vor emotionaler Nähe und vor allem vor dem Schmerz, den der Verlust des Partners mit sich bringen würde. Gerne wird von Betroffenen vordergründig argumentiert, sie würden ihre Freiheit nicht einbüßen wollen und sich nicht gerne festlegen – ein Irrtum! Dahinter verbirgt sich ein schwaches Selbstwertgefühl, das mit extremer Verlustangst einhergeht.

Sich sexuell anderen Personen zuzuwenden und womöglich sogar permanent fremdzugehen, vermittelt den von Bindungs- und Verlustangst Betroffenen ein Gefühl von „Macht“. Sie schaffen automatisch Distanz zu ihrem Partner, um die Nähe zu vermeiden, deren Verlust sie nicht ertragen könnten. Weiterhin wird ihr schwaches Selbstwertgefühl durch die sexuelle Betätigung außerhalb der Beziehung genährt und gibt ihnen ein Gefühl von Stärke. Die eigentlich so nach Liebe und Nähe Suchenden kompensieren also ihre Hilflosigkeit und Angst durch aktives Ersatzverhalten.

Die Vorbildfunktion der Eltern

Was wir in unseren Kinderschuhen erfahren, wird unseren weiteren Gang bestimmen. Unsere Eltern sind daher zunächst das Vorbild, das uns für unsere Lebensbereiche prägt. Die Atmosphäre im Elternhaus, die Rollenverteilung der Eltern, die Art ihres Umgangs miteinander – all dies erscheint uns als normal und richtig.

Schmerzhafte Erfahrungen lösen in Kindern oft das Gefühl aus, hierfür selbst verantwortlich zu sein und sie übertragen dieses Denkmuster in ihr Leben als Erwachsener. Unbewusst wird der Partner daher exakt dem Vater- oder Mutterbild entsprechend ausgesucht, da uns dessen Verhalten so bekannt und vertraut erscheint – selbst wenn es verletzend oder massiv belastend ist.

Hat eines der Elternteile unter anderem die eigene Bindungsangst durch Meide-Verhalten, Distanz oder Fremdgehen zu kompensieren versucht, ist zu befürchten, dass dieses Muster übernommen wird.
Es lohnt sich daher, die Verhaltens- und Lebensweise der Eltern zu beleuchten, um diese nicht automatisch in Partnerschaften zu suchen oder zu wiederholen, sofern diese nicht förderlich sind.

Die gute Nachricht lautet: Bindungsängste und Fremdgehen sind keine unheilbare Krankheit, sondern ist ein Verhalten! Und jedes erlernte Verhalten und jede Form der Angst lässt sich beleuchten und durch neue Erkenntnisse und Erfahrungen positiv verändern.